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Die Welt ist nicht schwarz-weiss (Leserbrief)

Von Michael Derrer, Rheinfelden

Zur Replik von Andreas Burckhardt auf meinen Leserbrief

Lieber Herr Burckhardt. Ihre Argumentation hinkt in mehrerer Hinsicht. Sankt-Petersburg ist nicht Braunau, sondern eine Metropole, die so viele Einwohner hat wie die ganze Deutschschweiz. Wenn Sie annehmen, dass dort nur regimetreue Menschen leben, täuschen Sie sich. Zum Beispiel kenne ich dort Aktivisten der Menschenrechtsorganisation Memorial, die im April verboten wurde und die vor einem Monat den Friedensnobelpreis erhielt. Noch kurz vor dem Krieg konnte ich Schweizer Studentinnen und Studenten in einer Bildungsreise zum Hauptsitz von Memorial führen. Und es leben in Sankt-Petersburg viele normale Menschen, denen Krieg ein Grauen ist.
Würde sich der Chor in ihrem Brief so äussern, wie Sie es fordern, dürfte er sicher nie mehr ins Ausland fahren, und seine Mitglieder wären Repressionen ausgesetzt. Der Wortlaut des Briefes sagt daher nichts über die Ansichten seiner Mitglieder aus. Diese könnten wir nur in einem persönlichen Gespräch erfahren.
Wir dürfen die Brücken zu den Menschen dieses grossen Landes nicht abbrechen, ansonsten nützt das der russischen Führung, deren Bestreben es ist, das vielfältige, komplexe und kulturell hoch entwickelte Russland in eine militarisierte, gleichgeschaltete Hierarchie zu verwandeln. Die Chorsänger versuchen, mittels Konzerten für den Frieden ihre Werte auszudrücken. Nun nehmen Sie ihnen auch diesen Kanal weg.
Die Position, die Sie in Ihren Leserbriefen vertreten, fördert eine weitere Eskalation. Der Krieg wird durch einen russischen Führungszirkel geführt, dem es gelungen ist, die politische, wirtschaftliche und mediale Macht an sich zu reissen. Es ist nicht «ein Krieg der Russen gegen die Ukrainer». Schwarz-weiss-Denken und Pauschalurteile schaden uns. Das Bemühen, die Situation wirklich zu verstehen, und die Bereitschaft zur Kommunikation helfen uns.